Stellungnahme zu den Heilbronner Stimme Artikeln vom 21.03.2019 von Reto Bosch
„Flächenverbrauch: Landwirte schlagen Alarm“ S. 1 / Kommentar „Stopp“ S. 1 /„Sorgenvoller Blick auf die Kräne“ S. 25,
und dem Artikel von Ines Schmiedl – „Blühende Wiesen sind für Insekten überlebenswichtig“ S. 28
Der Landverbrauch wertvoller Agrarflächen ist eine besorgniserregende Entwicklung, die zwar in den Übergeordneten Zielen der Bundesregierung bis 2050 gestoppt werden soll, aber trotzdem unvermindert auf Gemeindeebene vorangetrieben wird. Einseitig wird damit einem Berufsstand die Wirtschaftsgrundlage entzogen- die Landwirtschaft befindet sich überall auf dem Rückzug. Die Verknappung der Flächen führt zum Zwang der Flächenertragssteigerung und damit zu einerseits dem Trend zu mehr „Industrialisierung“ in der Landwirtschaft (Glyphosat und Insektensterben inklusive) und des Weiteren zu einer zunehmend größeren Hürde für die Umwandlung zur Bio-Landwirtschaft, die immer mit einer Verringerung der Flächenerträge einher geht. In der „Welt“ war schon 2013 von Birger Nicolai zu lesen: „Die Deutschen ernähren sich immer mehr aus dem Ausland und immer weniger aus der eigenen Landwirtschaft. Aufgrund fehlender Agrarfelder ist Deutschland massiv abhängig von ausländischen Ackerflächen.“ Und weiter: „Das Ergebnis: Für den Inlandsverbrauch von Ernährungsgütern wurde im Jahr 2010 eine Fläche von 20,1 Millionen Hektar benötigt. Doch die Realität sieht anders aus: Bereits zwei Drittel (13,1 Millionen Hektar) dieser Agrarfläche lagen im Jahr 2010 im Ausland, nur ein Drittel (sieben Millionen Hektar) war landwirtschaftliche Flächen im Inland.“
Das ist das Ergebnis des enormen Flächenverbrauchs und ziemlich bedrückend, wenn man in die Zukunft der Ernährungssicherung schaut.
Gerade Abstatt mit seiner geringen Gemeindefläche tut sich als großer Flächenräuber hervor. Die Abstatter Fruchtfolge der letzten Jahre aus „Kartoffeln, Mais, Beton“ muss unterbrochen werden. Die lokale Nahrungsmittelversorgung gerät dadurch selbst in einem so fruchtbaren Landstrich wie dem Heilbronner Land immer mehr unter Druck und wird bald verschwinden. Nur ein Umdenken in den Gemeinderäten und bei den Bürgermeistern kann diesen Raubbau an den Ressourcen unserer Heimat aufhalten.
Dr. Michael Groß
Verbrauch landwirtschaftlicher Nutzfläche in den letzten 15 Jahren, die zukünftige Entwicklung von Abstatt
Anlässlich der Gemeinderatssitzung am 22.1.2019 vorgelesener Brief der Landwirte aus Abstatt
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Zenth, sehr geehrte Gemeinderätinnen und Gemeinderäte,
hiermit möchten wir uns als Bewirtschafter und Grundstückseigentümer von landwirtschaftlicher Nutzfläche gegen den Wegfall von Äckern, Wiesen und Streuobstfläche durch eine weitere Bebauung und daraus resultierenden Ausgleichsmaßnahmen aussprechen.
Wir sind der Meinung, dass der Landwirtschaft in Abstatt, in den letzten 15 Jahren in hohem Maß Flächen für die Ansiedlung von Industrie (Schaffung von Arbeitsplätzen), Wohnbau(Bevölkerungswachstum), Infrastruktur, Renaturierung entzogen worden ist.
Durch die bisherige Entwicklung wurde aus unserer Sicht dem Wirtschaftsstandort Heilbronn-Franken ausreichend Rechnung getragen.
Laut Statistik ist die Gemeinde Abstatt im Landkreis Heilbronn eine der flächenärmsten Gemeinden mit hohem Waldanteil (Platz 39/46 bei Fläche) und im Gegensatz dazu, nimmt sie einen der vorderen Plätzen im Verbrauch von landwirtschaftlicher Nutzfläche (Platz 4/46 im Flächenverbrauch) ein.
In Abstatt wurden von 2000 – 2016 rund 63 ha Land verbraucht (Bebauung, Hochwasserschutz, Ausgleichsmaßnahmen, etc.) Dies sind durchschnittlich ca. 4 ha jährlich. Dementsprechend wurde die Siedlungsfläche in Abstatt innerhalb kurzer Zeit um mehr als 33% ausgedehnt.
Hierbei ist die neue Industrieansiedlung Unteres Feld mit ca. 6 bis 7 ha noch nicht berücksichtigt.
Das Ziel der Gemeinde sollte in der Zukunft ein lebenswertes Abstatt für alle Bürger sein.
Heilbronner Stimme: Vor weiterem Flächenverlust gewarnt
Heilbronn Bei Felderrundfahrt mahnende Worte zur Versiegelung von Agrarflächen. Wird bald der Import von heimischen Nahrungsmitteln eine Konsequenz sein?
(10.6.2018) Von Carsten Friese https://www.stimme.de/heilbronn/nachrichten/region/Vor-weiterem-Flaechenverlust-gewarnt;art140897,4039437
…
Wenn der Flächenverbrauch für Siedlungen und Verkehrsflächen so weiter gehe, „kommt irgendwann der Tag, an dem wir bei landwirtschaftlichen Produkten von Importen abhängig sind“. Der Wert solcher Flächen sei vielen Menschen nicht klar, man müsse Freiflächen „besser sichern“, zum Beispiel durch Vorranggebiete Landwirtschaft. Sonst wäre die Konsequenz, dass verbleibende Flächen immer intensiver genutzt würden. ……
Kommentar von Michael Groß: Eine Gemeinde des ländlichen Raums wie Abstatt muss die bäuerliche Nahversorgung schützen. Der Verlust an ortsnaher Nahrungsmittelproduktion durch Vernichtung landwirtschaftlicher Flächen führt zu noch mehr Verkehr. Im Gemeinderat und in der Gemeindverwaltung muss ein Umdenken einsetzen weg von der tradierten „Stücklesschacherei“ hin zu zukunftsorientiertem nachhaltigen Flächenmanagement, welches ein Nebeneinander von Landwirtschaft, Wohnentwicklung, Gewerbe- und Verkehrsentwicklung ermöglicht. Wo ist die Vision von Abstatt 2050? Sollen einfach noch mehr Baugrundstücke im Eilverfahren umgelegt werden, oder zieht in die Gemeindepolitik ein Nachhaltigkeitsgedanke ein mit dem Bürgerwohl an erster Stelle auf der Grundlage von Natur- und Umweltschutz.
Die deutsche Bundesregierung hat sich Ziele gesetzt den Flächenverbrauch zu verringern: Sie will im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsstrategie aus dem Jahr 2002 den Flächenverbrauch bis zum Jahr 2020 auf täglich 30 ha reduzieren. Die Neuauflage der Nachhaltigkeitsstrategie aus dem Jahr 2016 enthält eine, so das Bundesumweltministerium, „verschärfte Festlegung“ von „unter 30 Hektar“ pro Tag bis zum Jahr 2030. Das integrierte Umweltprogramm 2030 des Umweltministeriums aus dem Jahr 2016 enthält ein Ziel von 20 ha pro Tag. Laut Klimaschutzplan 2050 vom November 2016, der den Weg zu einem treibhausgasneutralen Deutschland beschreibt, will die Bundesregierung einen Flächenverbrauch von Netto-Null (Flächenkreislaufwirtschaft) bis 2050, entsprechend einer Zielsetzung der Europäischen Kommission.